Heute hatte ich mich entschieden, mich mit meiner Kamera auf den Weg zu begeben, um das Christkind zu suchen. So schwer würde es wohl nicht sein, dachte ich mir. Bei meiner Wanderung über die Felder kam ich an einem feinen kleinen und idyllischen Dorf vorbei. Vieles deutete darauf hin, dass ich hier fündig werden würde. Überall sah ich bunte Lichter oder Kerzen in den Hauseingängen, vor und hinter den Fenstern. Viel Schniggelschnaggel, wie kleine geschmückte Tannenbäume, Sterne oder Rehe aus Weidengeflecht umkabelt mit Lichterketten. An dem Dorfplatz bei den großen Laternen fragte ich ein kleines Mädchen, ob es mir denn sagen könne, wo ich in diesem Dorf das Christkind finden kann. Sie blickte mich mit großen Augen an und sagte:“Weiß nicht, aber dort hinten,“ sie zeigte mit ausgestrecktem Arm in die Richtung, „dort ist um die Ecke die Post.“ Sie selbst habe schon letzte Woche dem Christkind einen Brief geschickt. – Richtig, jetzt kamen mir wieder die Erinnerungen. Früher, am 6. Dezember musste mein Wunschzettel geschrieben sein, damit der Nikolaus ihn bei seiner Durchreise mitnehmen konnte, ansonsten gab es nichts zu Weihnachten. Das machte Sinn. Die Zeiten haben sich verändert, heute schickt man alles mit der Post oder bestellt online. Ich bedankte mich bei der Kleinen und setzte meine Suche fort.
Mittlerweile war es schon 19 Uhr geworden und als ich fast aufgeben wollte, da entdeckte ich einen Rentierschlitten unter einem Tannenbaum. Fast einladend öffnete sich automatisch die Tür vom gegenüber liegenden Seniorenheim… – und, was soll ich sagen, dort stand sie, die Krippe. Etwas verlegen betrat ich mit meiner Kamera das Foyer und bestaunte die alten Figuren, die schon so manches Jahr hinter sich hatten. Dem Blick der Hirten folgend, sah ich auf der rechten Seite einen Egel im weißen Gewand, der die frohe Botschaft verkündet, fand die drei Könige aus dem Morgenland… aber wo war das Christkind? Bei meiner Suche entdeckte ich Maria im blauen Gewand. In sich gekehrt, schaute sie in das goldgelbe Stroh. Dort versuchte ich, das Christkind zu entdecken, aber es war keines da. Wie konnte das sein?
Ja, liebe Leser, so durfte mein Unternehmen für heute als gescheitert betrachtet werden. Oder doch nicht? Als ich wieder zu Hause angekommen war, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Wie konnte ich in einer Weihnachtskrippe ein Christkind suchen, das erst zu Heilig Abend geboren wird? Wie heißt es auch so schön im Silvester-Sketch ‚Dinner for one“ mit Miss. Sophie und ihrem Butler James? - „Same procedure as every year“.